Ein Wächter sieht wieder klar
Lod Inthavong sah nur noch mit einem Auge. Damit weiterhin als Wächter zu arbeiten? Unmöglich.
Ein ockerbrauner See bedeckt die gesamte Strasse. Er züngelt bis unter die hölzerne Wohnplattform, die ohne Wände in zwei Metern Höhe auf Stelzen und Pfählen ruht. Hühner und Enten geben sich ein Stelldichein auf dem einzigen Fleck darunter, der nicht überschwemmt ist. In viel zu grossen Stiefeln rührt ein kleiner Junge mit den Füssen in der Riesenpfütze. Regenzeit im Norden von Laos.
Die Plattform bewohnen der 84-jährige Lod Inthavong und Fong, seine 79-jährige Frau. Ein grosses Wellblechdach schützt ihren spärlichen Hausrat aus Decken, Geschirr, Holzkocher, Kleidern und Geräten vor dem Regen. Das Ehepaar ernährt sich von selbst angebauten Sonnenblumen und Gemüsen wie Kohl und Zwiebeln. Mit geflochtenen Tellern und Lods Arbeit als Wächter hat es üblicherweise einen kleinen Verdienst erzielt. Jeden zweiten Tag bringt eines ihrer sieben Kinder etwas Reis vorbei. Wie der Vater arbeiten sie als Tagelöhner; das Einkommen reicht meistens nur für das Essen. Unmöglich, damit in eine Altersversicherung einzuzahlen. «Wir leben Tag um Tag, bis zu unserem letzten», meint Lod Inthavong schlicht.
Doch nun feiert er einen besonderen Tag. «Die zweite Operation ist ebenfalls sehr schnell verlaufen und hat nicht geschmerzt», berichtet Lod Inthavong freudig. «Nun sehe ich wieder mit beiden Augen. Ich flechte wieder und probiere eine verbesserte Technik aus. Ausserdem werde ich wieder als Wächter arbeiten.» Mit zugekniffenem oder abgedecktem Auge war ihm dies unmöglich. Innerhalb zweier Monate hatte sich seine Sehkraft im linken Auge drastisch verringert. Entfernter als zwanzig Zentimeter erkannte er mit ihm nichts mehr.
Die Operation am Grauen Star des zweiten Auges war nur möglich, weil die CBM die ganzen Operationskosten deckte. Bei der Operation des ersten Auges ein Jahr zuvor vermochte die Familie die Grundkosten der Behandlungen noch selbst zu übernehmen. Der Rest wurde aus CBM-Spenden subventioniert. Vor der Wohnplattform fährt ein kleiner Junge auf einem grossen Velo. Lod Inthavong beobachtet ihn – mit beiden Augen – vergnügt und dankbar.
Wie Sie helfen können
Mit 50 Franken kann eine erwachsene Person am Grauen Star operiert werden, mit 180 Franken ermöglichen Sie die Operation mit Vollnarkose und Nachbereitung für ein Kind.
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