Hunger-Nothilfe in Afrika

In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Länder in Afrika unter der längsten und schlimmsten Dürre seit Jahrzehnten gelitten. Unter ihnen zahlreiche Menschen mit Behinderungen und ihre Familien. Die CBM leistet Nothilfe und stärkt zugleich die Lebensgrundlagen.

Viele afrikanische Länder südlich der Sahara sind von der schlimmsten Dürre seit mehr als vierzig Jahren betroffen gewesen. Im Nordwesten Kenias zum Beispiel regnete es von 2021 bis Mitte 2023 nur sporadisch und äusserst spärlich, ganze Regenzeiten fielen aus. Die Situation besserte sich im zweiten Halbjahr 2023 etwas, und auch im Jahr 2024. Dennoch bleibt die Lage angespannt. Laut Vereinten Nationen sind in Kenia nach wie vor mehr als 1,2 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit bis hin zu Unterernährung bedroht. Gerade für Kleinkinder kann eine akute Mangelernährung schnell lebensbedrohlich werden. 

Für Kinder und Erwachsene mit Behinderungen ist die Situation am schlimmsten. Auch ohne Hungerkrise leben sie häufig in Armut und können keine Ersparnisse sammeln für eine Krise. Abgabestellen der allgemeinen Nothilfe sind für sie oft nicht gut erreichbar. Sie erhalten die Informationen nicht, der Weg dahin ist nicht barrierefrei, und es fehlen Hilfsmittel wie Gehhilfen oder Rollstühle. Menschen mit Behinderungen werden in Krisensituationen wie dieser häufig vernachlässigt – mit gravierenden Folgen.

CBM-Nothilfe in Kenia

Tagesschau-Beitrag vom 23.11.2022 aus dem CBM-Projekt in Turkana, Kenia.

In Kenia ist besonders der Nordwesten des Landes von der Dürre betroffen gewesen. Doch auch zahlreiche Menschen in Zentralkenia haben Hunger gelitten. Von April 2022 bis Ende 2022 war die CBM, mit dem Kenianischen Roten Kreuz (KRCS), dort in den Landkreisen Meru und Tharaka-Nithi tätig. Als eine der wenigen Nothilfe leistenden Organisationen, da sich die grosse Mehrheit der humanitären Akteure auf den Norden des Landes konzentriert hat.

3'000 Haushalte in Meru und Tharaka-Nithi erhielten so genannte Cash Transfers. Dank diesen Bargeldzahlungen können sich die Familien das kaufen, was sie am dringendsten benötigen. Cash Transfers sind ein in humanitären Krisen erprobtes Mittel. Lokale Wertschöpfungsketten funktionieren selbst bei grosser Armut und in Krisen. Weitere 400 Haushalte bekamen Lebensmittelpakete. Medizinische Hilfe erhielten 600 Personen, Hilfsmittel wie zum Beispiel Gehhilfen gingen an 700 Personen. Überdies sensibilisierte die CBM mit Selbstvertretungsgruppen von Menschen mit Behinderungen andere humanitäre Akteure sowie Behörden für eine inklusive Nothilfe.

Ab Oktober 2022 führte die CBM mit ihrem Partner KRCS im Landkreis Turkana im Nordwesten Kenias ein weiteres Nothilfeprojekt durch. Das Projekt wurde angesichts der anhaltenden Not laufend verlängert. Bis November 2023 erhielten 4'000 Haushalte monatlich Cash Transfers, um ihren dringendsten Bedarf zu decken. Über 1'000 Personen mit Behinderungen oder anderen gefährdeten Menschen wurde medizinische oder staatliche Hilfe (z. B. Vergünstigungen oder kleine Renten) ermöglicht. Mehr als 300 Menschen mit Behinderungen erhielten Hilfsmittel. Mobilitätshilfen wie Gehilfen, Rollstühle und andere Hilfsmittel schenken Unabhängigkeit. Rechtzeitige medizinische Behandlungen bewahren vor weiteren Behinderungen oder retten das Leben. Gleichzeitig hat die CBM mit lokalen Selbstvertretungsgruppen von Menschen mit Behinderungen zusammengearbeitet und gemeinsam mit ihnen andere Organisationen und Behörden beraten, damit diese Menschen mit Behinderungen gezielt einschliessen in deren Nothilfeaktivitäten.

So hilft die CBM in Kenia:

Aktuell läuft ein bis Ende 2026 dauerndes Projekt in Turkana. Das Projekt soll die Lebensgrundlagen von Menschen mit Behinderungen und anderen gefährdeten Personen stärken. Implementierender Partner ist die Turkana Pastoralist Development Organization.

  • Cash Transfers: 500 Haushalte, in denen Menschen mit Behinderungen oder andere gefährdete Personen leben, erhalten Cash Transfers.
  • Landwirtschaftliche Aktivtäten: 2'780 Personen erhalten Saatgut, Viehfutter und Gerätschaften für landwirtschaftliche Aktivitäten sowie Hühner und dürreresistente Ziegen.
  • Trainings: 750 Personen werden zu nachhaltigen Anbaumethoden, zu verbesserter Tierhaltung (z. B. Hühnerzucht) sowie in ökonomischer Planung geschult.
  • Hilfsmittel oder medizinische Hilfe: An 350 Menschen mit Behinderungen werden Hilfsmittel wie Gehhilfen abgegeben, 1'000 Personen erhalten medizinische Dienstleistungen.
  • Aufbau und Stärkung von Selbsthilfegruppen: Die Gründung von inklusiven, lokalen Spar- und Darlehensgruppen wird gefördert. In solchen Gruppen unterstützen sich Menschen gegenseitig: Sie ermöglichen ihren Mitgliedern über Banken oder Erwerbsgenossenschaften Kredite für individuelle Einkommensprojekte, etwa den Aufbau einer Hühnerzucht.
  • Einbezug von Menschen mit Behinderungen: Selbstvertretungsorganisationen von Menschen mit Behinderungen werden gestärkt. Diese Organisationen sensibilisieren und beraten Gemeinden, Behörden, andere Organisationen und private Stellen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und anderen gefährdeten Personen. Sie müssen Zugang haben zu Gesundheitsdiensten, Bildung und Einkommen und einbezogen werden in zukünftige Vorsorge-, Nothilfe- und Wiederaufbaumassnahmen.

Die Geschichte von Raphael und Cynthia

Zwei kleine Räume unter einem Wellblechdach sind ihr Daheim. Ein Schlaf- und ein Wohnzimmer. «Raphael, ich, zwei Mädchen, der noch abzustillende Junge, und ein adoptiertes Mädchen», zählt Cynthia auf. «Das Mädchen lebte auf der Strasse und bettelte, ohne irgendeine fürsorgende Person. Da haben wir es aufgenommen als unsere eigene Tochter. Ihre Schulgebühren können wir dank dem Nothilfegeld der CBM begleichen, nebst all dem anderen, damit unsere Familie sich bei dieser Dürre noch auf den Füssen halten kann.»

Freudig ergänzt Raphael: «Wir sind der CBM und ihrem Partner, dem Kenianischen Roten Kreuz, überaus dankbar; sie springen in die Lücken der staatlichen Hilfe. Niemand soll leiden müssen, vor allem keine Kinder.» 

Raphael und Cynthia haben von der CBM Cash Transfers erhalten und sich dadurch zudem einen Marktstand mit Früchten und Gemüse ermöglichen können. Durch diesen Markstand hat die Familie ein selbstständiges Leben führen und der Dürrekrise trotzen können. Mit der stetigen Ausweitung der Dürre müssen das Gemüse und die Früchte jedoch von immer weiter herangefahren werden, was hohe Transportkosten verursacht. 

Raphael kann sich seit früher Kindheit nur humpelnd fortbewegen. Er habe sich rasch an den Spott von Schulkollegen gewöhnen müssen, erinnert er sich. Heute leitet er die lokale Selbstvertretungsgruppe von Menschen mit Behinderungen in Kalokol: «Ich finde und suche Menschen mit Behinderungen auf, zeige ihnen, dass sie nicht allein sind, und ermutige sie unserer Gruppe beizutreten. Auf alle mögliche Weise unterstütze ich sie, damit sie ein erfülltes und gleichberechtigtes Leben führen können.» Leidenschaft leuchtet aus Raphaels Augen und liegt in seiner Stimme – er lebt seine Berufung.

«Die CBM gab Kurse in Buchhaltung, im Führen eines Kleinunternehmens sowie zu den Rechten und Gesetzen in Kenia», erzählt er begeistert. «Ausserdem vertritt unsere Selbsthilfegruppe seit den Kursen die Anliegen und Rechte von Menschen mit Behinderungen an Gemeindeversammlungen. Wir haben erreicht, dass sie endlich bei den staatlichen Lebensmittelprogrammen registriert und berücksichtigt werden.»

CBM-Nothilfe in Madagaskar

Die CBM unterstützte zunächst von August bis Dezember 2021 eine Gemeinde im Distrikt Amboasary der Region Anosy im Süden der Insel. 1'100 Haushalte, die besonders stark von der Nahrungsmittelunsicherheit betroffen waren, erhielten Cash Transfers. Umgesetzt wurde die Nothilfe durch den langjährigen CBM-Partner SAF/FJKM, der Entwicklungsorganisation der reformierten Kirche Madagaskars.

Aufgrund der noch anhaltenden gravierenden Lage verlängerte die CBM ihre Nothilfe bis Februar 2023, dann in den Gemeinden Bekitro, Bevitiky und Antanimora der Region Androy. Umsetzender CBM-Partner war Action Intercooperation Madagascar. 3'000 Haushalte erhielten wiederum Cash Transfers. Ebenso wurden diese Personen in landwirtschaftlichen Produktions- und Tierhaltungstechniken weitergebildet. Parallel wurde die Selbstvertretungsorganisation Collectifs Régionales des Organisations de Personnes Handicapées (CROPH) gestärkt. CROPH sensibilisiert Regierungsstellen, einheimische und internationale humanitäre Organisationen sowie Gemeinden für inklusive Nothilfemassnahmen.

So hilft die CBM in Madagaskar:

An die vorangegangene Nothilfe schliesst ein von 2023 bis 2025 dauerndes Projekt in den Distrikten Bekily und Ambovombe der Region Androy. Partner für dieses Projekt ist Action Intercooperation Madagascar.

  • Cash Transfers: 1'000 Haushalte mit Menschen mit Behinderungen erhalten Cash Transfers. Diese Bargeldzahlungen bekommen sie jeweils von Februar bis Mai, wenn die Haushalte häufig keine Lebensmittel mehr aus dem eigenen Anbau haben und das Gesäte noch nicht geerntet werden kann – falls es überhaupt etwas zu ernten gibt. 
  • Psychische Gesundheit: 200 Personen erhalten psychologische Unterstützung. Diese Personen haben psychische Erkrankungen beziehungsweise zeigen Anzeichen dafür, oder sie leben besonders isoliert.
  • Aufbau und Stärkung von Selbsthilfegruppen: Inklusive Einkommensgruppen werden gebildet, in denen Mitglieder Ersparnisse zusammenlegen, um einander individuelle Einkommensprojekte zu ermöglichen.
  • Trainings: In den beiden Distrikten werden sogenannte Bauernfeldschulen eröffnet, die auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind. In diesen Bauernfeldschulen erhalten die Einwohnerinnen und Einwohner Trainings zu nachhaltigen Anbaumethoden und zu verbesserter Tierhaltung. Ebenso werden Weiterbildungen in ökonomischer Planung durchgeführt.
  • Einbezug von Menschen mit Behinderungen: Selbstvertretungsorganisationen, unter anderem wiederum CROPH, werden gefördert, damit sie staatliche und private Akteure für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und anderen gefährdeten Menschen beraten können: Alle Personen müssen Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, Bildung und Einkommen bekommen.

Die Geschichte von Volasoa

Volasoa und ihre Familie gehören zu den Personen, welche die dringend notwendige Hilfe erhalten. Volasoa lebt in der Region Androy, ist 30 Jahre alt, hat eine körperliche Behinderung und ist Mutter von 5 Kindern. Ihr Mann verliess sie, weshalb sie ihre Kinder alleine grosszieht. 

Volasoa erledigt Näharbeiten, um für ihre Kinder zu sorgen. Das, was sie verdient, reicht jedoch nicht aus für den Bedarf der Familie: für die Schulgebühren der Kinder und um Lebensmittel zu kaufen, wenn die Ernte aus dem eigenen Anbau aufgebraucht ist. Diese Ernten waren in den vergangenen Jahren äusserst karg, zu fest hat die Dürre den Süden der Insel im Griff. Hinzu kommt, dass Volasoa ihr Feld aufgrund ihrer Behinderung nicht selbst bestellen kann und jemanden bezahlen muss, der das für sie tut – was das Familieneinkommen weiter schmälert. In den Trockenzeiten ist es deshalb keine Seltenheit, dass Volasoa und ihre Kinder manchmal den ganzen Tag nichts essen können. 

Als wäre das nicht schon genug, hat der tropische Wirbelsturm Freddy im März 2023 das Feld zerstört und ihr Haus beschädigt. Mit den bisherigen Cash Transfers der CBM konnte sie sich neues Saatgut kaufen und den Feldarbeiter bezahlen. Seit kurzem ist Volsoa zudem aktives Mitglied in einer Selbsthilfegruppe von Menschen mit Behinderungen.

CBM-Nothilfe in Burkina Faso

Seit 2016 ist Burkina Faso von einer schweren und komplexen Sicherheitskrise betroffen. Immer wieder kommt es in den nördlichen, nordöstlichen und nordwestlichen Regionen des Landes zu Terroranschlägen. Die Folgen dieser Krise sind vielfältig. Mehr als 1,8 Millionen Menschen wurden intern vertrieben, die Mehrheit davon sind Kinder und Frauen. Zudem hat die Sicherheitskrise auch einen starken Einfluss auf die Ernährungssicherheit der Bevölkerung: Aufgrund der instabilen Sicherheitslage können viele Personen ihre Felder nicht bestellen. Und in Kombination mit regelmässig auftretenden Dürren und hohen Preisen (Inflation und Folgen des Ukraine-Kriegs) sind landesweit mehr als 3,5 Millionen Menschen von Ernährungsunsicherheit betroffen.

Vor diesem Hintergrund hat die CBM ein bis Ende 2024 dauerndes Nothilfe- und Aufbauprojekt lanciert. Das Projekt konzentriert sich auf den Norden des Landes und wird durch unseren lokalen Partner Solidarité Développement Inclusif umgesetzt. Im Fokus der Unterstützung stehen sowohl intern vertriebene Personen als auch Personen aus den aufnehmenden Gemeinden.

So hilft die CBM in Burkina Faso:

  • Cash Transfers und Nahrungsmittelpakete: 1'700 Binnenflüchtlinge und Personen der aufnehmenden Gemeinden erhalten Cash Transfers oder Nahrungsmittelpakete, um ihre Grundbedürfnisse zu decken.
  • Landwirtschaftliche Aktivtäten: Über 500 der gefährdetsten Personen erhalten Saatgut, Viehfutter und Gerätschaften für landwirtschaftliche Aktivitäten.
  • Medizinische Hilfe: Mehr als 200 Personen erhalten eine medizinische Grundversorgung und eine spezialisierte Behandlung (z. B. Graue-Star-Operation, psychosoziale Unterstützung oder physische Rehabilitation).
  • Abgabe von Hilfsmitteln: 165 Menschen mit Behinderungen erhalten Hilfsmittel wie etwa Dreiräder, Gehhilfen, Brillen oder Prothesen.

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