Rechte für Frauen mit Behinderungen
Frauen mit Behinderungen erfahren in verschiedenen Lebensbereichen komplexe Formen von Diskriminierung. Lesen sie in den untenstehenden Beiträgen mehr zu ihrer Lebensrealität und Barrieren, mit denen sie sich konfrontiert sehen.
Als Unterzeichnerin der UNO-Behindertenrechtskonvention und der Agenda 2030 verpflichtet sich die Schweiz, allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen und den Grundsatz «Niemanden zurücklassen» umzusetzen.
Ziel 5: Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen:
Das Nachhaltigkeits-Entwicklungsziel 5 der Agenda 2030 strebt danach, dass die Geschlechtergleichstellung aller Frauen und Mädchen erreicht wird. Erfahren Sie unter diesem Link
Forderungen und Empfehlungen
Zu diesen Punkten formuliert die CBM Schweiz Forderungen und Empfehlungen:
- Geringere Lebenserwartung
- Gewalt in der Partnerschaft
- Sexuelle Gewalt
- Sexuelle Gewalt gegen Mädchen
- Besondere Formen geschlechtsspezifischer Gewalt
- Ausschluss vom Arbeitsmarkt
- Ausschluss von politischer Teilhabe
- Ausschluss von der Bildung
- Kein Zugang zu Gesundheitsdiensten
- Eingeschränkter Zugang zu Technologie
1. Geringere Lebenserwartung
Frauen mit einer psychosozialen Behinderung leben in Industrieländern im Schnitte 15 Jahre weniger lang als Frauen ohne Behinderung, wie der WHO-Gesundheitsbericht festhält.
- Es sollen notwendige politische Massnahmen und Gesetze geschaffen und umgesetzt werden. So wie es der WHO-Gesundheitsbericht zu Personen mit Behinderungen fordert.
- Zudem müssen verlässliche Informationen zur Lebenserwartung gesammelt werden. Die verfügbaren Daten stammen aus einer begrenzten Anzahl von Ländern.
Unsere Empfehlung: Regierungen und Geldgeber sollen daher das Nachhaltigkeitsziel 5.1 umsetzen und alle Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen überall auf der Welt beenden.
2. Gewalt in der Partnerschaft
Für Frauen mit Behinderungen ist das Risiko, Gewalt in der Partnerschaft zu erleben, 2-4 Mal höher als für Frauen ohne Behinderung.
Regierungen und Geldgeber müssen daher das Nachhaltigkeitsziel 5.2 umsetzen und alle Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen einschliesslich des Menschenhandels und sexueller und anderer Formen der Ausbeutung beseitigen.
Empfehlung: Es braucht Untersuchungen über die Auswirkungen geschlechtsspezifischer Gewalt auf Frauen mit Behinderungen und dazu neue Aktivitäten und Programme, wie es die Photovoice-Studie vom Swiss Disability and Development Consortium (SDDC) festhält.
3. Sexuelle Gewalt
"Manchmal gehören Leitende und Betreuende zum Umfeld des Täters, so dass die Überlebenden sich nicht trauen, die Fälle zu melden oder vollständig offenzulegen.“
Partnervertreterin aus Kenia, siehe CBM-Publikation Breaking the Silence
Frauen mit Behinderungen sind bis zu zehnmal häufiger von sexueller Gewalt betroffen als Menschen ohne Behinderungen.
Unsere Forderung: Regierungen und Geldgeber müssen daher das Nachhaltigkeitsziel 5.2 umsetzen und alle Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen einschliesslich des Menschenhandels und sexueller und anderer Formen der Ausbeutung beseitigen. Dazu müssen sie von Frauen geführte Selbstvertretungsorganisationen konsultieren.
4. Sexuelle Gewalt gegen Mädchen
40 bis 68 % der Mädchen mit Behinderungen erleben sexuelle Gewalt, bevor sie 18 Jahre alt sind. Regierungen und Geldgeber müssen daher das Nachhaltigkeitsziel 5.2 umsetzen und alle Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen einschliesslich des Menschenhandels und sexueller und anderer Formen der Ausbeutung beseitigen.
"Frauen, die blind sind, werden häufiger vergewaltigt, weil es für sie schwierig ist, den Täter zu identifizieren."
„Das Mädchen mit einer körperlichen Behinderung wurde von ihrer Mutter, die in der nahe gelegenen Stadt einem Geschäft nachging, zu Hause gelassen. Es gab niemanden, der sich um sie kümmerte, und die traditionellen Häuser haben keine abschließbaren Türen. Daher hielt sie sich meist allein auf dem Gelände auf. Ein Mann, den sie nicht identifizieren konnte, vergewaltigte sie, während ihre Mutter weg war. Aus Angst, wegen der Vergewaltigung stigmatisiert zu werden, meldeten sie den Fall nicht als Vergewaltigung.“
- Partnervertreterin aus Kenia, siehe CBM-Publikation Breaking the Silence
5. Besondere Formen geschlechtsspezifischer Gewalt
Frauen mit Behinderungen erleben aufgrund ihrer Behinderung besondere Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt,
Zum Beispiel: sexuellen Missbrauch durch eine Betreuungsperson, Vorenthalten von Medikamenten, Kommunikationsmitteln oder Hilfsmitteln, Früh- oder Zwangsverheiratung, erzwungene Sterilisation, Empfängnisverhütung oder Abtreibung, absichtliche Vernachlässigung oder erzwungene Isolation.
Unsere Forderung: Regierungen und Geldgeber müssen daher das Nachhaltigkeitsziel 5.2 umsetzen und alle Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen einschliesslich des Menschenhandels und sexueller und anderer Formen der Ausbeutung beseitigen. Es braucht eine Gewährleistung des Rechts, frei von geschlechtsspezifischer Gewalt zu leben, wie es der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen fordert. Dieses Recht ist in den Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNO-BRK), zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) und über die Rechte des Kindes (KRK) geschützt.
6. Ausschluss vom Arbeitsmarkt
Frauen mit Behinderungen sind weltweit weniger häufig erwerbstätig (durchschnittlich 32 %) als Männer ohne Behinderungen (70 %). Regierungen und Geldgeber müssen daher das Nachhaltigkeitsziel 5.5 umsetzen und die volle Teilhabe von Frauen und ihre Chancengleichheit im politischen, wirtschaftlichen und öffentlichen Leben sicherstellen.
Empfehlung: Es braucht die Förderung der Beschäftigung von Frauen mit Behinderungen im privaten und öffentlichen Sektor, wie es die Photovoice-Studie vom Swiss Disability and Development Consortium (SDDC) festhält.
7. Ausschluss von politischer Teilhabe
Frauen mit Behinderungen machen nur 2,3 % der Positionen in der Legislative, auf der Führungsebene und im Management aus. Dies zeigen Daten aus 19 Ländern auf, die UN Women gesammelt hat. Zum Vergleich: Rund 18 % aller Frauen leben mit einer Behinderung, wie die Weltgesundheitsorganisation bestätigt (WHO 2022, S. 25).
Empfehlunge: Es braucht die Beseitigung der strukturellen Hürden, die Frauen mit Behinderungen von der Teilnahme an politischen Prozessen ausschließen. Um das zu erreichen, müssen von Frauen geführte Selbstvertretungsorganisationen konsultiert werden (UN Women).
8. Ausschluss von der Bildung
Nur 57 % der Frauen mit Behinderungen schliessen die Grundschule ab. Bei den Frauen ohne Behinderungen sind es 86 %. Auch Männer mit Behinderungen (59 %) haben deutlich weniger häufig einen Grundschulabschluss als Männer ohne Behinderungen (87 %).
Forderung: Es braucht einen beschleunigten Wandel hin zu integrativen Bildungssystemen, die den Bedürfnissen aller Lernenden, einschliesslich Mädchen mit Behinderungen, gerecht werden. Und dies auf allen Ebenen: Vorschule, Primar- und Sekundarstufe, sowie Hochschul- und Berufsausbildung. Dazu gehören unter anderem eine zugängliche Infrastruktur und flexible Lehrpläne.- siehe Factsheet von Handicap International
9. Kein Zugang zu Gesundheitsdiensten
Mehr Frauen mit Lernschwierigkeiten (48,8 %), körperlichen (32,9 %), sensorischen (30 %) oder mehrfachen (42 %) Behinderungen haben einen postpartalen Notfall im Vergleich mit Frauen ohne diese Behinderungen (23,5 %). Daher braucht es die Gewährleistung des allgemeinen Zugangs zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und reproduktiven Rechten, wie sie das UNO-Nachhaltigkeitsziel 5.6 vorsieht.
„Schritt für Schritt wird die Gesellschaft Menschen mit Behinderungen einbeziehen. Mein Traum ist es, alle Kreisssäle für behinderte Frauen zugänglich zu machen ... und medizinisches Personal zu haben, das sowohl qualifiziert als auch freundlich ist.“
- Eine von der WHO interviewte Frau.
10. Eingeschränkter Zugang zu Technologie
Frauen mit Behinderungen besitzen am seltensten ein Mobiltelefon. In Uganda zum Beispiel besitzen nur 42 % von ihnen ein Mobiltelefon, verglichen mit 46 % der Frauen ohne Behinderungen, 52 % der Männer mit Behinderungen und 66 % der Männer ohne Behinderungen (UNDESA). Mobiltelefone können einen grossen Einfluss auf ein unabhängiges Leben und die soziale und wirtschaftliche Teilhabe von Frauen mit Behinderungen haben, das zeigt die Photovoice-Studie klar auf.
Es braucht folglich eine verbesserte Nutzung von Grundlagentechnologien, insbesondere der Informations- und Kommunikationstechnologien, um die Selbstbestimmung von Frauen zu verbessern, wie es das UNO-Nachhaltigkeitsziel 5.b vorsieht.
„Die Daten zeigen, dass das Mobiltelefon die wirtschaftliche Inklusion von Frauen ermöglicht. (…) Um infrastrukturelle Barrieren für die soziale Eingliederung zu überwinden, verlassen sich Frauen mit Behinderungen auf ihre Mobiltelefone, um ihre sozialen Kontakte zu pflegen. Für junge Menschen sind soziale Medienplattformen ein Wegbereiter für die (virtuelle) soziale Eingliederung.“
Ergebnis der Photovoice-Studie vom Swiss Disability and Development Consortium (SDDC, )
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